In Deutschland gibt es weder national noch lokal verbindliche Dekarbonisierungspfade für Treibhausgasemissionen aus der Herstellung & Errichtung von Gebäuden (A1-A5 der Gebäudeökobilanz). Je nach Gebäudetypologie kommt der Tragkonstruktion bei Massivbauten mit einem Anteil von 50-70 % der gesamten grauen Emissionen (materialgebundene Emissionen bzw. embodied carbon) eine entscheidende Rolle zu.

Aktuelle Neubau Zielwerte für das Global Warming Potential betragen z.B. im BNB System 7,9 kg CO₂e/m²a Nettogrundfläche für die Module A1-3 sowie C3+C4. Bis 2030 ist im BNB System keine Reduktion vorgesehen.

Der DGNB Neubau Kiterienkatalog 2018 weist im Kriterium ENV 1.1. Ökobilanz sowohl für heute als auch für das Jahr 2030 einen GWP Zielwert von 6,6 kg CO₂e/m²a Nettoraumfläche für die Module A1-3, C3+C4, D (Gutschriften) aus. Im DGNB Neubausystem 2018 macht die Ökobilanz nur 1 von ingesamt 37 Bewertungskategorien aus, sodass konstruktionsbedingte THG-Emissionen nur einen Anteil von ca. 3-5 % im gesamten Bewertungssystem darstellen.

Im DGNB 2023 System gibt es den neuen Zielwert von 3,75 kg CO₂e/m²a  bzw. 187,5 kg CO₂e/m² Nettoraumfläche für die A1-A3 Module, der sich als Agenda 2030 Bonus anrechnen lässt. Als 2023 Referenzwert für die Ökobilanz Module A1-A3 gelten bei der DGNB:

  • 8,4 kg CO₂e/m²a NRF für Büro, Bildung, Wohnen, Geschäftshäuser, Shopping Center, Hotel, Produktion, Verbrauchermärkte.
  • 9,2 kg CO₂e/m²a NRF für Gesundheitsbauten, Versammlungsstätten, Laborgebäude
  • 5,9 kg CO₂e/m²a NRF für Logistikgebäude

Das bedeutet eine 55 % CO₂ Reduktion als Zielvorgabe von 2023-2030 für die wichtigsten Assetklassen in Deutschland. Natürlich blickt das DGNB System nicht ausschließlich auf CO2 und vergibt Punkte je nach Unterschreitung.

Alle deutschen Systeme vernachlässigen die Emissionen aus dem Transport zur Baustelle (A4 der Ökobilanz) bzw. berücksichtigen diese konsequent nicht. Die Ausnahme bildet der freiwillige CO₂e Lebenszyklus Ausweis der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung mit der Bilanzierung nach DIN EN 15978 und DIN EN 15804:

  • 30 % Reduktion von 2022 bis 2030: Frankreich hat mit der Réglementation Environnementale zum 01.07.2022 einen gesetzlichen (!) Maximalwert für Bürogebäude von 980 kg CO₂e/m² BGF bzw. 19,6 kg CO₂e/m²a definiert. Bis 2030 reduzieren sich die Werte auf 710 kg bzw. 14,2 kg CO₂e/m²a BGF , ab dem Jahr 2031 auf 600 kg bzw. 12 kg CO₂e/m²a (A1-A5, B1-B5, C1-4; Betrachtungszeitraum 50 Jahre; Systemgrenzen: Tragkonstruktion zzgl. TGA und Ausbau). Mehr zu Frankreich, siehe RE 2020

 

  • 40 % Reduktion von 2023 bis 2029: Dänemark weist ab 2023 im Zuge der nationalen Strategie für nachhaltiges Bauen einen verbindlichen Whole Life Carbon Grenzwert von 12 kg CO₂e/m²a ab einer BGF von 1.000 m² aus. Dieser Wert soll bis 2029 schrittweise auf 7,5 kg CO₂e/m²a gesenkt werden (A1-A5, B4-B6, C3+C4, D; Betrachtungszeitraum 50 Jahre)

 

  • 50 % Reduktion von 2022 bis 2030: In Großbritannien gibt LETI bereits Zielwerte für Upfront Carbon an. Dieser beträgt aktuell bei LETI 500 kg CO₂e/m² bzw. 8,3 kg CO₂e/m²a Nettogrundfläche für die Module A1-A5. Als Ziel bis zum Jahr 2030 ist 4,2 kg CO₂e/m²a festgesetzt (Betrachtungszeitraum 60 Jahre)

 

  • Zudem definiert das Royal Institute of British Architects erste Zielwerte für 2030 mit 12,5 kg CO₂e/m²a Nettogrundfläche für die Ökobilanz Module A1-A5, B1-B5, C3-4 (Betrachtungszeitraum 60 Jahre)

 

Studie der TU Dortmund: Konstruktionsbedingte Treibausgasemissionen (GWP)

Das World Green Building Council fordert seit 2023 für den Level(s) Rahmen der Europäischen Kommission einen Whole Life Carbon Standard A1-A5, B1, B4-B6, C1-C4 und einem separaten Modul D: WorldGBC launches EU policy briefing on Whole Life Carbon

RICS hat im September 2023 den neuen Whole Life Carbon Standard veröffentlicht, der ab dem 01. Juli 2024 gilt

Für Deutschland fordert Prof. Dr. Thomas Lützkendorf in einem BBSR Arbeitspapier die Einbringung eines neuen Gesetzes für die Berücksichtung der Gebäude Ökobilanz im Ordnungrecht

Für die Treibhausgasemissionen aus der Errichtung von Tragwerken aus Stahlbeton hat der DAfStb (Prof. Dr. Christian Glock, Prof. Dr. Michael Haist & Prof. Dr. Udo Wiens) eine Global Warming Potential Richtlinie veröffentlicht. Basis der Richtlinie bilden Referenzzustände für die grauen Emissionen (Herstellung und Entsorgung, also A1-A3, C3, C4) auf Gebäudeebene und Bauteilebene. Ausgehend vom Referenzzustand wird ein kontinuierlicher Reduktionspfad aufgezeigt, der den Anforderungen des Bundes-Klimaschutzgesetzes gerecht wird:

  • Treibhausgas-Minderungsklasse 2030 für Tragwerke bei Nichtwohngebäuden: 3,08 kg CO₂e/m²a bzw. 154 kg CO₂e/m² (A1-A3, C3, C4)
  • Treibhausgas-Minderungsklasse 2044 für Tragwerke bei Nichtwohngebäuden: 0,32 kg CO₂e/m²a bzw. 16 kg CO₂e/m² (A1-A3, C3, C4)

Die Builtworld Veranstaltung bietet die konkreten Kennzahlen für Nichtwohn- und Wohngebäude sowie Fragen dazu: Interaktive Fragestunde zur neuen DAfStb Richtlinie